Vorwort

Dieses Buch entstand aus meiner Erfahrung beim Unterrichten Elektronischer Musik. Erst beim Lehren wurde mir bewusst, welche Verständnisprobleme gegenüber der Materie auftreten können – zumal bei Schülern, deren Muttersprache nicht die Unterrichtssprache ist.

Pd (Pure Data) ist eine professionelle, leistungsstarke Programmiersprache zur elektronischen Klangverarbeitung. Sie ist open source, also frei im Internet erhältlich. Dies hat den Nachteil, dass ihre Anwendung nur in Instituten oder Internetforen diskutiert wird. Die dort übliche Verwendung komplizierter (englischer) Fachsprache erschwert Einsteigern den Zugang erfahrungsgemäß massiv. Genau jenen aber soll mein Buch helfen, die ersten Hürden beim Erlernen von Pd zu überwinden.

Der Hauptverfasser von Pd, Miller Puckette, schreibt derzeit ebenfalls ein Buch über Theorie und Technik Elektronischer Musik unter Anwendung von Pd. Nun dürfte es wohl kaum einen kompetenteren Lehrer zur Einweisung in eine Programmiersprache geben als den Autor der Programmiersprache selbst; mit seinem primär wissenschaftlichen Ansatz deckt er auch tatsächlich systematisch die Materie ab. Ihre didaktische Vermittlung an seine Anwender gestaltet sich damit allerdings schwierig. Nach meiner pädagogischen Erfahrung stellt Puckettes Buch enorm hohe Ansprüche an das mathematische, informatische und terminologische Verständnis seiner Leser.

Dem gegenüber bietet sich mein Buch mit seiner pädagogischen Ausrichtung zum Selbststudium an, und zwar in erster Linie für Komponisten. Es beginnt an der Basis aller Programmier- und Akustikkenntnisse und tastet sich langsam bis zu den avanciertesten Techniken Elektronischer Musik vor. Einiges aus dem Bereich der Physik, das an sich in den Kanon gehören würde, bleibt bewusst außen vor. Methodisch orientiert sich mein Buch vor allem am Hören, wodurch sein Gegenstand für Musiker motivierender und schneller zu erfassen ist als anhand abstrakter Formeln. Mathematisch beschränke ich mich auf das, was für das jeweilige Verständnis unerlässlich ist. Die aufgezählten Techniken zielen auf eine kompositorische Anwendung ab, weniger auf eine informatische, mathematische oder physikalische Erarbeitung der Phänomene und Strukturen. Meine Entscheidungen und Kommentare sind diesbezüglich freilich subjektiv und damit angreifbar.

Mein Dank hinsichtlich der Realisierung dieses Buches gilt Prof. Mathias Spahlinger für seine Unterstützung des Antrags, Prof. Orm Finnendahl für seine fachliche Betreuung, der Pd-Community für ihre Ratschläge und Patches, Esther Kochte für ihr Lektorat und die Codierung in DocBook-XML, Mark Barden für die englische Übersetzung sowie der Musikhochschule Freiburg bzw. dem Land Baden-Württemberg für die Finanzierung des Projekts, die es allen Interessierten ermöglicht, dieses Buch im Geiste der Open-Source-Bewegung frei im Internet zu nutzen. So wird die Praxis Elektronischer Musik hoffentlich noch weitere Kreise ziehen und der ästhetische Diskurs der Neuen Musik dadurch indirekt bereichert werden.

Johannes Kreidler, Januar 2008