Die additive Reihe von Frequenzen (wenn also immer derselbe Hertz-Betrag hinzuaddiert wird), aus der eine Abfolge immer kleinerer Intervalle entsteht, heißt Teiltonreihe:
Sie entsteht ebenso, wenn man dem Experiment von Pythagoras (ca. 570 - ca. 510 v. Chr.) folgt, durch Teilung einer Saite in verschiedene Proportionen:
Die Zahlenverhältnisse beschreiben die Längen der beiden Saitenteile zueinander.
Wird eine Saite als Ganze gestrichen, schwingt sie nicht nur im Ganzen, sondern zugleich in all den weiteren Teilen:
Somit klingen auch alle diese Teilschwingungen mit; jeder Klang einer Saite ist also bereits ein Akkord!
Das Besondere an gerade diesem Akkord ist aber, dass alle seine Töne sehr stark miteinander verschmelzen, zumindest wenn ihre Lautstärken nach oben hin abnehmen. Jeder in der Natur vorkommende Ton hat Obertöne, dennoch nehmen wir einer Eigenheit des menschlichen Ohrs zufolge das Ganze als nur einen Ton wahr.
Andererseits besitzen all diese Schwingungen selbst als Teil einer komplexeren Schwingung keine Obertöne. Einen isolierten Klang ohne Obertöne gibt es in der Natur nicht – mit elektronischen Mitteln kann man sie aber erzeugen. Sie heißen Sinustöne, da ihre Welle diese sinusartige Form hat:
Der Physiker Jean Baptiste Joseph Fourier (1768-1830) fand heraus, dass sich jeder periodische Klang volständig in eine Reihe von Sinustönen (unterschiedlicher Frequenz, Amplitude und Phase) zerlegen lässt, deren Summe mit dem Original identisch ist. Eine solche Analyse und das zugehörige mathematische Verfahren nennt man die Fourier-Analyse bzw. Fourier-Transformation.
Folglich kann man umgekehrt jeden periodischen Klang erstellen, also „synthetisieren“, wenn man mehrere Sinustöne schichtet.
In Pd kann, wie schon gesagt, die Welle eines Sinustons mit dem Objekt „osc~“ erzeugt werden. Sinustöne sind für die Elektronische Musik insofern sehr charakteristisch, weil sie nur mit elektronischen Mitteln erzeugt sind.
Mit mehreren „osc~“-Objekten, deren Frequenzen also eine additive Reihe darstellen, kann man einen Teiltonakkord erstellen:
Grundsätzlich werden die Amplituden nach oben hin zur besseren Verschmelzung meist leiser (jedoch gibt es auch Instrumente, für die es gerade charakteristisch ist, dass manche Obertöne lauter sind als ihre unteren und oberen Nachbarn, zum Beispiel die Klarinette). Die Art der Zusammensetzung von Obertönen und ihren Lautstärken macht die Farbe eines Klanges aus. Als Oberbegriff redet man von seinem Spektrum. (Hinweis: Der Begriff "Teiltöne" beinhaltet die Grundfrequenz, im Gegensatz zu "Obertöne". Das heißt, der erste Teilton ist die Grundfrequenz, der zweite Teilton der erste Oberton, usw.).
Dass die Obertöne im Ohr verschmelzen, realisiert man in dem Moment, in dem die Grundfrequenz bewegt wird:
Selbst wenn wir untere Teiltöne weggelassen, empfinden wir die Grundfrequenz als Grundton, wenn wir sie ändern:
Unser Gehirn schließt eben aus dem übrigen Spektrum auf den Grundton. Diesen nicht vorhandenen Ton nennt man Residualton.
patches/3-2-2-1-random-klangfarbe.pd
Aus Platzgründen ist dieses Beispiel auf die ersten sieben Teiltöne beschränkt:
Betrachten wir noch den Unterschied zwischen natürlichen und temperierten Intervallen (erst die Grundfrequenz eingeben!):
patches/3-2-2-3-natuerlich-temperiert.pd
Die Differenz zwischen natürlicher und temperierter Stimmung in Cent (Hundertstel eines Halbtones) angezeigt:
Ein Pionierstück der Elektronischen Musik ist die Studie II von Stockhausen, komponiert 1954. Darin werden nur Sinustöne und deren Gemische in nicht-temperierten Intervallen verwendet. Eine Analyse dieses Stückes sei an dieser Stelle empfohlen!